Eine Herzensangelegenheit
Edith und Herbert haben die kleine Villa Auguste
2008 erworben – sie galt in den Augen vieler Neuberger als unsanierbar. Über viele Sommer hinweg haben die beiden die „Gusti“ hingebungsvoll wiederaufgebaut.
Die alten Lärchenböden, die Wandvertäfelung, die
Kastenfenster sowie die wunderschönen Jugendstilöfen konnten im Original erhalten werden.

Edith und Herbert erzähen:
Gleich vorweg, den Namen Villa Gusti, den hat das Haus von uns bekommen. Als wir das Haus erworben haben, gab es wenig Informationen zum Haus. Wir haben später beim Entrümpeln drei Baupläne gefunden. Der eine betrifft die Holzhütte mit Stall aus dem Jahre 1926 und wurde von Johann Ofič in Auftrag gegeben.
Der andere Plan ist für eine Veranda und einen Stiegenausbau beim Haupthaus aus dem Jahr 1932 und wurde in Auftrag gegeben von dem damaligen Revierinspektor Alexander Payr (zu sehen im Bild oben) aus Neuberg/Mürz.
Es gab noch einen dritten Plan fürs Haupthaus aus dem Jahre um 1927/28, der aber leider verloren ging. Aus dem ging hervor, dass die Villa Gusti von den slowenischen Brüdern Johann und Anton Ofič (zwei slowenischen Zimmerleuten) erbaut wurde.
Fam. Payr
Das Haus überlebte die Kriegsjahre unversehrt und wurde bis in die 1970er Jahre immer in Schuss gehalten – wie aus alten Haushaltsbüchern hervorgeht.
Um 1970 begab sich Frau Payr, die inzwischen schon längere Zeit Witwe war, in ein Altersheim. Ihr Sohn, ein Priester, war vor Ihr verstorben.
Somit war das Haus ab 1970 nicht mehr dauerhaft bewohnt. Ab und zu verbrachten die Erben der Payrs ein paar Urlaubstage im Haus und sahen immer wieder nach dem Rechten. Es gibt detaillierte Aufzeichnungen über die regelmäßige Pflege der Holzböden, über das Waschen der Vorhänge etc.
Von 1978 gibt es auch noch einen Mietvertrag über die zwei Kellerräume, welche als Wohnung vermietet wurden. Das Haus wurde später noch einmal an die Tochter weitervererbt, ist dann aber in den darauffolgenden Jahren zusehends verfallen.
Es gibt einen Kostenvoranschlag aus dem Jahr 2004 für Instandsetzen der Elektro-Installationen im Erdgeschoss. 2008 entschloß sich die letzte Besitzerin zum Verkauf des Hauses.
So traten dann 2008 wir auf den Plan:
Wir entdeckten die Verkaufsanzeige im Internet und nach einem kurzen Telefonat mit dem Makler schickte er uns einfach den Schlüssel nach Wien.
Der erste Eindruck von Außen war verheerend: Die straßenseitigen Stufen zum Haus waren zerbröselt. Das Grundstück war verwildert. Im Keller hing ein völlig rostiger und nasser Sicherungskasten an der Wand. Im hinteren Teil des ersten Kellerraums war nasses Erdreich mit modrigen Brettern und die Kellerwand zum Hang war nass.
Als wir allerdings die Eingangstür zum oberen Teil des Hauses aufsperrten, kam uns ein angenehmer Geruch – wie auf einer Almhütte – entgegen. Wir entdeckten Raum für Raum und es war ein Gefühl, als würden wir in ein früheres Jahrhundert eintauchen. Da waren die wunderschönen Kachelöfen, der Tischherd in der Küche, die Lärchenböden usw. – Kurzum, wir waren verliebt in das Haus.
Für eine Nacht nahmen wir uns ein Zimmer in Neuberg und am nächsten Tag sagten wir dem Makler (mit viel Bauchweh) zu.
Unsere ersten Arbeiten bestanden darin, das ganze Haus zu entrümpeln. Es waren außerdem fast 40 Fensterscheiben eingeschlagen (der Glaser von Mürzzuschlag meinte, das sei sein größter Auftrag gewesen). Wir wollten aber unbedingt die alten Kastenfenster erhalten.
Als nächstes wurde der Parkplatz hinterm Haus abgegraben, damit wir eine Zufahrt hatten. Jetzt konnten wir endlich das Grundstück roden. Unser gesamter Parkplatz war meterhoch voll mit Stauden und wir wussten nicht mehr weiter. Hier halfen unsere Eltern tatkräftig – das hat uns gerettet.
In der Verzweiflung fragten wir auch in der Trafik nach, ob es jemand in Neuberg gibt, der uns weiter helfen kann? Und, da kamen sie: die hilfsbereiten Neuberger Nachbarn!
Peter T. kam am nächsten Tag mit einem Traktor und Hänger und half uns aus der Patsche. Zitat von Peter T. „ Es findet sich ja wirklich für alles ein Käufer“. Andere Nachbarn schenkten uns wiederum ein paar Scheibtruhen voll mit Schotter. Die liebe Gerli P. goss unermüdlich unsere Pflanzen, der unentbehrliche Heinzi H. entsorgte unseren ganzen Schutt.. und dann gibts noch unsere lieben Nachbarn, auf deren Privatparkplatz wir immer stehen durften…
So viele Leute, die vorbeigingen lobten uns und sprachen uns Mut zu. Manche brachten uns sogar ein Eis. Es war eine wunderbare Zeit!
Wir haben kürzlich diese Aufnahmen entdeckt, die zeigen, dass am Grundstück der Villa Gusti ein französisches Kriegsgefangenenlager stand. :(